Niklas Fiedler zu seinem Kunstverständnis:
"Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht male oder zeichne. Kreatives Arbeiten ist für mich eine so
selbstverständliche Notwendigkeit wie das Schlafen oder das Zähneputzen. Seit meiner Schulzeit
gibt es immer irgendein Projekt, das mir durch den Kopf geht und mir Halt und Sinn gibt.
Vielleicht war es die Frage nach dem Sinn, die mich zur Malerei geführt hat: ein dumpfes
schweres Gefühl, daß im Grunde alles sinnlos ist.
Dies war eine Zeit, in der mir die Welt dunkel und
eng erschien. Es schien mir ganz egal, was ich mit meinem Leben anfange, denn am Ende wird
meine Existenz nichts am Gang der Dinge verändert haben. Doch in dieser niederschmetternden
Erkenntnis steckte auch etwas, das mir Hoffnung gab: wenn alles sinnlos ist, dann ist auch alles
möglich! Selbst das Unmöglichste. Ich kann selbst entscheiden, welchen Sinn ich meinem Leben
gebe und wie ich mir diesen Sinn selbst spielerisch schaffe. Als Kind konnte ich selbst entscheiden,
welche Welten ich mir malte und war darin ganz frei. Nach dieser Freiheit sehne ich mich
zurück.
Ich möchte alles malen können, deshalb muss ich experimentieren und alle Techniken der
Malerei kennenlernen, will alles einmal versucht haben, vom Realismus bis zur reinen Abstraktion.
Ein festes Thema habe ich dabei noch nicht gefunden, es sind eher Themen auf die ich in der
Auseinandersetzung mit anderen Künstlerinnen und Künstlern stoße.
Momentan faszinieren mich
kristalline Formen, Dreiecke, Streifen, Farbkompositionen und der Übergang von der flachen
Leinwand zur Skulptur. Und so ist das allabendliche Malen bis heute der feierlichste Moment
meines Tages. Ich bin alleine mit einem Bild, doch ich bin keinesfalls einsam, denn in "allein" steckt
allein: Alles ist eins, die ganze Welt ist in mir und auf der Leinwand kann ich meine Welt sichtbar
machen. Die Zeit scheint still zu stehen, wenn ich male. Ich bin dabei sehr konzentriert, aber
zugleich auch ganz entspannt. Es gibt kein Gefühl von Leere, keine Ungeduld, keine
Unzufriedenheit. Ich bin in dieser Tätigkeit ganz bei mir, die Malerei ist für mich kein Weg, sondern
bereits ein Ziel. Damit habe ich das Problem der scheinbaren Sinnlosigkeit gelöst, denn Kunst
stiftet Sinn. Und als ich schließlich erkannte, dass mein Tun auch andere Menschen inspiriert und
glücklich macht, war dies für mich eine doppelte Bestätigung: Ich hatte richtiggelegen. Es geht
nicht darum, nach "dem" Sinn zu suchen, es geht darum, sich selbst einen Sinn zu schaffen.
Viele Menschen finden ihre Ziele auf der Sinnsuche in einer Religion. Doch sind Religionen selbst
nicht ein riesengroßes Arrangement von Kunstwerken, zusammengesetzt aus Architektur,
Gemälden, Statuen, Performances, Musik und Literatur? Man muss nur daran glauben, dann
eröffnet sich eine Welt. Ich kann leider nicht daran glauben, denn ich sehe immer nur Werke, die
von Menschen gemacht sind. Aber ich habe mich entschieden, an die Kunst zu glauben, denn im
Gegensatz zu Religionen ist die Kunst nicht begrenzt, sondern unendlich! Und so überrasche ich
mich jeden Abend neu, stelle mir jeden Abend neue Herausforderungen und erkunde weiter meinen
Weg. Wohin wird mich die Kunst als nächstes führen? Ich weiß es nicht, doch ich bin schon sehr
gespannt. Die Welt ist groß, bunt und schön."